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Neujahrsansprache 1889

Ansprache des Gründers Jacques Gassmann anlässlich des Jahres-Abschlussessens mit der Belegschaft (Rechtschreibung, Interpunktion, etc. wie original)

Gassmann, Mann & Co.
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Zürich, 29 / 12 / 1889

Verehrte Damen u. Herren!
Liebe Anwesende!
Dass ich kein gewandter oder gelernter Redner bin, wissen Sie Alle, ich halte es daher nicht für nöthig, voraus zuschicken, dass man nich entschuldigen wolle, wenn ich allfällig während meiner kurzen Ansprache die ich mir an Sie gestatte, Schiffbruch erleiden sollte, Sie wissen ja eben so gut wie ich, wie knapp gemessen meine freie Zeith ist, um sich für soetwas richtig vorzubereiten.
In wenigen Stunden sind wir wiederum vor der Wende eines Jahres angelangt, speziell zu unserem Geschäfte hat dieselbe eine weitere Bedeutung, indem mit derselben der Abschluss eines Geschäftsjahres jeweilen stattfindet. Bei diesem Anlasse habe ich einen Gedanken der schon früher in mir aufstieg und immer lebhafter in mir wach wurde verfolgt, und Sie Alle zu einem bescheidenen Nachtessen eingeladen, um dabei einige Stunden gemüthlich zusammen verbringen zu können es freut mich sowie meine frau sehr, dass Sie unserer Einladung so zahlreich und so pünktlich Folge geleistet haben und heisse ich sie Alle herzlichst willkommen bedauerlich ist es für uns Alle sehr, dass es unserm lieben Mitarbeiter herr Mann nicht vergönnt sein konnte an diesem kleinen festchen in meinen engern Räumen Theil nehmen zu können, allein sein altes Leiden hat ihn seit 2 Tagen wieder rücksichtslos ans Bett gefesselt.
Bei einem solchen Wendepunkt der Zeit, wie wir ihn nun wieder vor uns haben, denkt doch ein jeder rechte Mensch unwillkürlich viel mehr an das Vergangene zurück als an irgend einen andern Tage des Jahres man erinnert sich so recht der vielen Mühsahlen der Freuden & des Leidens die Einem im dem verflossenen Jahr sowohl im Geschäfte als auch ausserhalb desselben zu Theil geworden und man freut sich gewöhnlich ein neues Jahr beginnen zu können denn man gibt sich immer oder weniger der Hoffnung hin, es wird im neuen Jahr besser werden
Mir sowie meiner lieben familie hat das abgelaufene Jahr viel sonnenreiche aber auch viel trübe tage gebracht. In geschäftlichen Beziehungen glaube ich damit nicht unzufrieden sein dürfen, ich hoffe es zu einem normalen Gechäftsjahr rechnen zu dürfen, aber ausserhalb de Gechäftes habe ich in diesem Jahre grosse Verluste erlitten die unersetzlich sind, ich habe wie Ihnen Allen ja bekannt ist meine lieben unvergesslichen Eltern, denen ich sehr viel Dank schuldig bin, verloren, ich werde nicht so bald das Jahr 1889 vergessen. – Doch ich will Sie nicht länger mit derart Reden hinhalten, ich habe Sie alle um mich versammelt nicht nur um Sie mit Speise und Trank zu versehen meine Einladung hat vielmehr den Zweck an einem Jeden von Ihnen meine volle Anerkennung und den wärmsten Dank auszusprechen für die Energie für die Pünktlichkeit Willenkraft und Ausdauer, mit welcher ein Jeder von Ihnen je nach Kräften seinem Posten vorgestanden ist, ich weiss ganz gut die Monate & das Jahr sind lange, es hat ein Jeder von Ihnen so gut wie ich selbst, um seinen Posten vollständig und pflichtgetreust auszufüllen mit vielen Unannehmlichkeiten und Widerwärtigkeiten zu kämpfen, aber bei der heutigen Lager des Geschäftes, bei der furchtbaren Concurrenz wie wir sie in unsern Artikeln zu verzeichnen haben, ist es factisch nicht anders möglich, im Gegentheil man muss sich manchmal nur wunder, dass man das macht, was man macht.
Ich halte es ferner für meine Pflicht hier dankbarst zu erwähnen, wie sehr es mich und Herrn Mann gefreut hat als am 14 Mai er nach Carlsbad verreiste um Heilung zu finden und ich am Tage darauf von einem akuten fieber unerwartet schnell tief ins Bett gelegt wurde, wie Sie Alle vereint das Ruder ergriffen und während 3 Wochen den Kahn dem richtigen Ufer zuführten, ebenso als ich im Herbst mit meiner lieben Frau nach dem herrlichen Passugg mich begab um meine wieder gefundene Gesundheit noch mehr zu befestigen und herr Mann während der zeit grösstentheiln Krank war, auch da haben Sie sich wacker gehalten.
Ich ersuche Sie daher Alle auch im neuen Jahr es mir zu ermöglichen die grosse Aufgabe die ich wegen steter Krankheit unseres Herrn Mann quasi allein zu lösen habe, mit gleicher Energie & Hingebung wie bis anhin mich dabei zu unterstützen, und Jeder soll suchen seinen Posten noch besser auszufüllen als bis anhin. Damit das Bündnis zwischen Prinzipal und Angestellten statt ein engeres und freundschaftlicheres werde
Als neues Glied in unserer Mitte begrüsse ich herrn Germann, unser Wunsch ist dass unsere Beziehungen zu einander recht lange dauern und stets freundschaftliche bleiben werden.
Ich ersuche Sie sich zu erheben, Ihre Gläser zu ergreifen und auf das Wohlergehen unseres kranken Mitarbeiters herrn Mann und auf das forblühen der firma G M & Co zu trinken.
Herr Mann und die firma lebe hoch hoch hoch

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