Schweizerreise
…….. Sieh, mehr Gutes liegt noch näher!
Der Wettergott hat es auch für die weiteren vier Tage gut mit uns gemeint. Anstatt wie schon geplant, zu einem Städteflug zu starten, haben wir unser kleines Gepäck in den Kofferraum gequetscht, das Verdeck zurückgefahren und sind losgefahren. Auch auf der Schweizer Landkarte befinden sich nämlich noch so vieeele weisse Flecken, die nur darauf warten von uns erkundet zu werden.
Entspanntes Fahren beginnt mit der Fähre von Meilen nach Horgen, gemütlich über den Hirzel kurven und dann schnell auf der hektischen Autobahn nach Emmenbrücke. Von da begann Neuland – zumindest für Doris. Der Emme entlang hinauf kurven wir aus den sanften Hügeln des Mittellandes in die raueren Gefilde des Entlebuchs hinauf. Die Häuser werden holziger, die Dächer ausladender, die Wände sonnenverbrannter und die Geranienpracht üppiger. Der Duft von frisch gemähtem Heu und würziger Gülle zieht durch unsere Nasen. Erster Verpflegungsstopp ist die Passhöhe des Schallenberg. Die zahlreichen Biker an ihrem Treff kommentieren lautstark ein Rennen, das über den Bildschirm flimmert, und wir geniessen den Ausblick in Richtung Hohgrat, Hengst und das Brienzer Rothorn. Weiter geht es an den Schreinereien im Simmental und den Simmentaler Kühen vorbei über den Jaunpass nach Greyerz. Alphornbläser und eine Hochzeitslimousine erwarten uns auf dem gemütlichen Platz. Am Weg zum Schloss bleiben wir im Tibet Museum der Fondation Alain Bordier hängen. Die einzigartige Sammlung von Statuen hat vieles von dem, was wir schon gesehen haben übertroffen. Wir waren so fasziniert, dass wir die Besichtigung des Schlosses um 5 Minuten verpasst haben – ein guter Grund, um das pittoreske Städtchen nochmals zu besuchen.
Durch das enge Tal des Pays d’Enhaut mit seinen urchigen, reichlich mit Schnitzereien verzierten Holzhäusern sind wir in den Nobel-Luxusshopping-Kurort Gstaad gefahren. Nein – es war nicht das Palace, sondern ein gemütliches Chalet Hotel, das wir für die Nacht wählten. Nach einem super Frühstück ging es los in Richtung Hochgebirge. Vom Col du Pillon aus schwebten wir mit Glacier 3000 auf Les Diablerets hoch. Als Erstes balancierten wir über den Peak Walk zum Gipfel von Sex Rouge und genossen von dort das unbeschreibliche Panorama, das von der Jungfrau Gruppe bis zum Matterhorn reicht. Inder, Chinesen, Japaner, etc. verewigten sich neben uns und vergnügten sich auf der Rodelbahn oder beim spazieren und schlitteln im Schnee auf dem Gletscher. Zu unserem Amüsement hatten sie – trotz englischsprachigen Zurufen des Aufsichtspersonals – grösste Probleme beim Absteigen vom Sessellift. Erst auf der Talfahrt haben wir realisiert, wie steil die untere Sektion der Seilbahn wirklich ist!
Der weitere Weg über Col de la Croix nach Villars und durch die steilen Rebberge hinab nach Bex im Wallis erlaubten dem Eisenbahn-Fan noch einen Schnappschuss eines Oldtimer Trams aus Zürich, das heute noch aktiv ist. Durch das heisse Wallis flohen wir an unendlich vielen Verkaufsständen für Aprikosen in die Kühle des wilden Lötschentals. Ganz an seinem hintersten Ende ist man nur noch durch die Lötschenlücke vom Konkordiaplatz und dem Jungfraujoch getrennt.
Es zog uns aber noch weiter in die Alpen hinein. Von Fiesch im Goms fährt die Eggishornbahn auf die Fiescheralp. Vom Balkon unseres Zimmers breitete sich ein Panorama vom Binntal über die Mischabel Gruppe bis zum Matterhorn aus. Der Sonnenuntergang bot ein spektakuläres Farbenspiel am Dom. Der nächst Morgen begann leicht bezogen. Trotzdem hat uns das Eggishorn mit seinem Tief- und 360 Grad Rundblick ein überwältigendes Hochgebirgserlebnis geboten. Über den zerfurchten Aletschgletscher schweifte der von den vielen Gipfeln und Eisfeldern verwirrte Blick zu Jungfrau, Mönch, Eiger, Gabelhorn und Finsteraarhorn und auf dem Weg zurück ins Tal auch nochmals zu Montblanc, Matterhorn und Mischabel.
Das Goms hinauf kurvten wir anschliessend auf den Nufenenpass, der uns bisher eigentlich nur von Wintersperre und Tour de Suisse bekannt war. Nochmals eine Fahrt mit gewaltigem Naturerlebnis und schönen Blicken über das Obergoms zurück auf die Berner Alpen. Durch das im Winter oft im Schnee versinkenden Bedrettotal sind wir nach Airolo an den Fuss der Gotthard Passstrasse gelangt. Hier beginnt ein besonderer Leckerbissen: die alte gepflasterte Tremolastrasse mit ihren unzähligen sich übereinander auftürmenden Kehren ist auch heute noch befahrbar! Wer besonderes Glück oder den Fahrplan studiert hat, kann sogar der Gotthard-Postkutsche begegnen.
Der Pässe noch nicht genug sind wir an Sami Sawiri’s in Andermatt entstehendem Resort vorbei über den Oberalp in Richtung Graubünden weitergefahren. Bei Ilanz sollte man aber ja nicht die Rennstrecke über Laax und Flims wählen, sondern auf der linken Seite des Rheins bleiben und über Versam kurven. Nur von dieser noch romantisch schmalen Strasse öffnen sich die Blicke in die Ruinaulta genannte Schlucht des Vorderrheins, durch die sich die roten Züge der RhB schlängeln. Es ist empfohlen diese Strecke bald unter die Räder zu nehmen, da auch hier schon die Bagger am Werk sind, weil auch die letzten alten Schutzgallerien und Naturtunnels dem heutigen Verkehr platz machen sollen.
Die Bündner Spezialitäten Pizzochels und Capuns sättigten unseren Berghunger und nach einer Nacht im Salvadanee erkundeten wir das wilde, urchige und im Winter nicht per Auto zugängliche Val Tuor, das bei Bergün vom Albulatal abzweigt. Am Eingang winkt von oben Latsch, das idyllische Dorf in dem ein grosser Teil des ersten Heidi-Films gedreht wurde und von dem man einen super Überblick über das obere Albulatal und die geniale Linienenwicklung der Rhätischen Bahn hat. Zu hinterst im Val Tuor liegt der Weiler Chants, in dem das Wasser von den Bergen und die Elektrizität von den Sonnenkollektoren kommt. Im Gasthaus mit der museumsreifen Küche gab’s Bergkäse, Salsiz, Kuchen und etwas zu trinken. Verwirrung stifteten die zotteligen Schottischen Hochlandrinder, die mit ihren kurzen Beinen über die Bergweide stapften. Von hier führen die Wanderwege zur Keschhütte, ins Engadin nach La Punt oder ins Sertig und nach Davos. Müde Wanderer können mit einem Bus von oder nach Bergün fahren. Zurück in Bergün erinnert der Dorplatz an ‚On Her Majesty’s Secret Service‘ mit James Bond. Auf keinen Fall sollte man das Bahnmuseum Albula beim Bahnhof verpassen! Auf dem Rückweg begegnete uns noch der Albula-Schnellzug mit der eleganten Komposition des Glacier-Express. Unten im Landwassertal angekommen sind wir zum Abschluss über einen schmalen Weg bis zum Fuss des weltberühmten Viadukts vorgedrungen.
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